Konzert 2008

Blasmusik live und authentisch

Konzert 2008:

Obernburgs Musikverein kann auch in Konkurrenz zum Medienspektakel bestehen

Obernburg Volkstümliche Musik im Fernsehen oder Blasmusik in der Stadthalle: Vor dieser Entscheidung standen am Samstag abend wohl viele Obernburger. Wer sich für das "Konzert ?08" des Musikvereins entschied, hatte sicherlich die bessere Wahl getroffen. Im Gegensatz zur TV-Konkurrenz des Musikantenstadls gab es dort Musik live und authentisch dargeboten. Die Vielfalt war beachtlich: Nicht nur den Geschmack der "Traditionalisten" bedienten die drei aufspielenden Kapellen, sondern auch den der Freunde von Musik aus Film und Musical.

Nur Fanfare gemeinsam Eine Gemeinsamkeit zwischen dem TV-Ereignis und dem "Konzert ?08" gab es dann freilich schon: Die Eurovisions-Fanfare des Marc-Antoine Charpentier, feierlich interpretiert vom Nachwuchsorchester des Obernburger Musikvereins, stimmte auf das Kommende ein. Doch dies war bereits die einzig nennenswerte Parallele. Denn alleine die Tatsache, dass gleich zwei Orchester mit sehr jungen Musikanten annähernd die Hälfte des Programms bestritten, stand für einen erfreulichen und entscheidenden Kontrast. Mit den weiteren Stücken "Green Park Ouvertüre" (Wilhelm Koenen) und "Rockin? the Saints" (Bill Holcombe) zeigten die Jüngsten des Vereins unter ihrem Leiter Manuel Reis ebenso viel Musikalität wie Spielfreude.

Musikalisch fortgeschritten und schon beeindruckend ausgereift präsentierte sich das Jugendblasorchester unter Stabführung von Kornel Reis. Die Vielzahl der jungen Musiker lässt den Musikverein Obernburg in eine rosige Zukunft blicken, vor allem deshalb, weil nicht nur die Quantität stimmt, sondern auch die Qualität passt. Dies wurde bei der "Queen's Park Melody" von Jacob de Haan und dem Medley "Disco Lives!" von Johnnie Vinson deutlich: Die Arrangements waren wie maßgeschneidert der Spielstärke des Orchesters angemessen.

Gladiatoren-Klänge tauglich War das Publikum besonders von den mit viel Groove und Drive gespielten Discohits begeistert, gilt dies nicht in gleicher Weise für Puccinis "Nessun Dorma". Der Grund ist einleuchtend: Das Gänsehautgefühl, das Paul Pott oder Luciano Pavarotti mit ihren unvergleichlichen Stimmen in dieser Arie aus der Oper "Turandot" vermitteln, lässt sich nur schwer mit einem Klangkörper aus reinen Blasinstrumenten erzeugen. Wieder besser für Blasorchester geeignet: die monumentale Filmmusik aus "Gladiator". Moderator Peter P. Michalke, der mit erfreulich kurzen Texten unterhaltsam moderierte, konnte sich einen Seitenhieb auf die Römerstadt Obernburg nicht verkneifen: "Was die Gladiatoren für die Römer sind, sind die Römer für Obernburg".

Flott und markig

Großartig von Dirigent Reiner Hanten vorbereitet stellte sich nach der Pause das große Blasorchester des Musikvereins vor. Besonders bei den traditionellen Stücken ging das Herz eines jeden Blasmusikfans auf: Sehr flott und markig aufgeführt wurden die beiden Märsche "Die Sonne geht auf" von Rudi Fischer und "Zacatecas" von Genaro Codina. Hanten trug entscheidend zum Erfolg der Stücke bei: In Ernst-Mosch-Manier gab er exakt die Einsätze oder zeigte dynamische Feinheiten mit ausdrucksstarker Gestik an.

Das Leistungsvermögen der Obernburger Musiker wurde besonders bei den schwierigen Titeln aus Oper und Film deutlich. Zuerst ist hier die Ouvertüre "Orpheus in der Unterwelt" von Jacques Offenbach zu nennen. Hier sind alle Register gefordert, die einprägsamen Melodien oder die zündenden Rhythmen, beispielsweise die des berühmten "Can Can" im Finale, in wohlklingende Musik umzusetzen. Herausragend dabei: Die darin von Theresia Knecht sehr sauber und ausdrucksstark gespielten Klarinetten-Kadenzen. In Puncto Rhythmik stellten die Filmtitel "Die glorreichen Sieben" (Elmer Bernstein) und "Marsch aus 1941" (John Williams) aufgrund vieler schwieriger Taktarten noch größere Herausforderungen besonders an das Tiefe Blech. Doch diese wurden souverän und flüssig gemeistert, so dass sich wahre Leinwandatmosphäre in der Stadthalle breit machen konnte.

Alle Zweifel beseitigt

Ebenso begeisternd gespielt wurden die Höhepunkte aus dem Musical "Grease" sowie der bekannte "Yakety Sax", bei dem Solistin Eva Reis auf dem Tenorsaxophon stilecht und lebendig an die "Benny Hill Show" der 1980er Jahre erinnerte. Den musikalischen Schlusspunkt setzte dann nochmals die traditionelle Blasmusik: Zwei schneidige Märsche, darunter die bekannten "Jubelklänge" von Ernst Uebel, ließen letzte Zweifel vergehen, in der Stadthalle doch besser aufgehoben gewesen zu sein als vor dem heimischen Fernseher. Thomas Grein